Singen? Aber gerne!

 

Kostenloses Lebenselixier: Singen tut dem Körper und der Seele gut

 

Etwa zwölf Prozent der Deutschen singen in den schätzungsweise 108.000 Chören und Gesangsgruppen im Land. Machen Sie mit: Es werden laufend Mitglieder zur Verstärkung gesucht!

 

Die meisten Menschen singen heimlich: in der Badewanne, beim Autofahren, beim Staubsaugen. Dabei sollten wir viel öfter und vor allem miteinander singen, davon sind Wissenschaftler überzeugt. Denn wer singt, tut Körper und Geist garantiert etwas Gutes, er gewinnt Abwehrkräfte und Selbstvertrauen. Doch die bestimmt schönste "Nebenwirkung": Es macht einfach Spaß! Singen, so scheint es, ist ziemlich aus der Mode gekommen. Doch der Satz "Ich kann nicht singen" gilt nicht, denn Wissenschaftler sind überzeugt, dass die Fähigkeit zu singen ebenso angeboren ist wie die zu sprechen. Das Problem ist, dass wir es regelrecht verlernt haben zu singen. "Viele Menschen verbinden Singen heute nur mit Stress und Leistungsdruck, wie sie es vielleicht im Musikunterricht beim Vorsingen erlebt haben", so der Musikpsychologe Karl Adamek von der Universität Münster. Deshalb sind für ihn die momentan beliebten Talentshows im Fernsehen der falsche Weg: "Singen ist doch kein Boxkampf! Wir müssen Singen wieder zum Gemeinschaftserlebnis machen, um von den positiven Auswirkungen für Gesundheit und Psyche zu profitieren."

 

Der Stress verfliegt

Diese Wirkungen sind mittlerweile durch zahlreiche Untersuchungen belegt. Schon nach 20 bis 30 Minuten Singen wird das Stresshormon Adrenalin gedämpft, und die Wohlfühl-Botenstoffe Dopamin und Serotonin werden im Gehirn ausgeschüttet. Die Folge: Sänger sind ausgeglichener und fröhlicher. Außerdem stärkt Singen die Abwehrkräfte, wie der Musikwissenschaftler Gunter Kreuz herausfand: Er untersuchte den Speichel von Menschen nach einer einstündigen Chorprobe und verglich sie mit einer Kontrollgruppe von Menschen, die nicht gesungen hatten. Die Sänger wiesen einen höheren Anteil des Immunglobulin A im Speichel auf, das die oberen Atemwege vor Krankheitserregern schützt. Außerdem wird der Körper von Sängern mit mehr Sauerstoff versorgt, weil das Singen zu einer tieferen Atmung führt. Singende Männer können übrigens noch extra punkten, denn Singen macht sie für Frauen attraktiver, wie Studien belegen.

 

Die Stimme erheben

Für die Psyche kann Singen sogar heilend sein. Traurigkeit verfliegt, Aggressionen werden abgebaut. "Durch Singen kann der Mensch seine Gefühlswelt auf einzigartige Weise regulieren", so Musikpsychologe Karl Adamek, "er kann negative Gefühle wie Trauer, Angst, Wut und Hass in positive Handlungsenergie umwandeln und seine Kräfte besser für ein gelingendes Leben einsetzen." Therapeuten berichten, dass Singen im wahrsten Sinne des Wortes hilft, seine Stimme zu erheben. Man gewinnt inneres Gleichgewicht und wird selbstbewusster.

Leider verschwindet das Singen mehr und mehr aus unserem Alltag: Nur noch wenige Deutsche

können ein ganzes Volkslied singen, in Kindergärten und Schulen spielt Musik eine immer kleinere Rolle. Eine Entwicklung, die Karl Adamek besorgt beobachtet: "Erzieherinnen können zu 90 Prozent nicht mehr singen, weil es gar nicht zur Ausbildung gehört." Dabei kann Singen die Entwicklung von Kindern beflügeln, wie Adamek bei einer Untersuchung von 500 Kindergartenkindern festgestellt hat: "Kinder, die viel singen, schneiden in Schultauglichkeits-tests viel besser ab als Kinder, die wenig singen." Außerdem seien sie gemeinschaftsfähiger, ausgeglichener und hilfsbereiter.

 

Senioren singen mit Kindern

Hilfe könnte von der Generation der heute über 60-Jährigen kommen, die noch viel

selbstverständlicher mit dem Singen groß geworden ist. Deshalb hat Adamek das Projekt "Canto-Kindergärten" ins Leben gerufen. Ehrenamtliche Senioren singen dort regelmäßig mit den Kindern, Singpaten wie Erzieherinnen werden entsprechend geschult. Das Projekt überzeugt: In der Stadt Hamburg sollen bald in allen Kindergärten "Canto-Omis" singen. Auch soziale Brennpunkte werden einbezogen.

(Informationen für Interessierte im Internet: www.il-canto-del-mondo.de und

www.karladamek.de)

                                                                                                                     Dr. Bettina